Der Märztermin des Grosswahljahrs 2015 brachte der CVP und der glp üble Kunde: ein Doppel-Marignano wie dieses musste zuerst stattfinden, um glaubhaft zu sein. In der Sprache der Statistik: das waren Niederlagen auf einem 2σ Signifikanzniveau, die an Klarheit nichts zu wünschen liessen - vor dem Hintergrund der empirischen Evidenz seit es eidgenössische Volksabstimmungen gibt.

Über die tieferen Gründe kann man spekulieren: Die qualvollen Diskussionen um die Umsetzung der erfolgreichen Zweitwohnungs- und Masseneinwanderungsinitative mögen einen postkoitalen Überdruss des Stimmvolkes gegenüber Initiativen genährt haben, die wirklich Wesentliches zeugen sollten - das wird allerdings erst die Zukunft schlüssig zeigen. Immerhin: die Resultate der Mindestlohn-, Ecopop- und Goldinitiative und nun auch noch der Energiesteuer- und die Familieninitiative zeigen alle in dieselbe Richtung: thumbs down, fast alle haben ihr Fett abgekriegt, rechts-konservative, links-progressive - und nun auch noch die Mitte.

Interessant an den Zürcher Gemeinderesultaten des 8. März, die ich im Detail untersucht habe, ist nun, dass wahrscheinlich weder die Familieninitiative der CVP noch die Energiesteuerinitiative der glp auf nennenswerten Support ihrer eigenen Wählerschaft zählen konnte. Bei der Familieninitiative bestehen (schwache) Zusammenhänge mit den Wähleranteilen der andern Pro-Parteien (SVP; EVP, EDU) - nicht aber mit jenem der CVP:

 

bei der Energiesteuerinitiative ein überdeutlicher mit dem Wähleranteil der Grünen, kaum jedoch demjenigen der glp (man lasse sich nicht täuschen vom Ausreisser Bonstetten rechts oben):

Malizöserweise könnte man aus diesem Befund - der im übrigen der gleiche bleibt, wenn man neben den Wähleranteilen auch die Soziodemografie multivariat kontrolliert -  schliessen, dass die Wählerschaften dieser beiden Parteien (die letzte Messung ist auch schon wieder vier Jahre alt), dort wo sie früher waren, gar nicht mehr exisitieren. Die CVP ist uralt und nach wie vor an eine schwindendes constituency, die katholische Diaspora gebunden - die glp noch sehr jung und ihre Wählerschaft ziemlich eklektizistisch veranlagt.

Ich vermute mal, dass dies nicht der Grund war -aber in einem Monat wird dieses Geheimnis ja gelüftet. Wenn nicht, so wirft der Befund der Zürcher Resultate aber doch die Frage auf, ob das Vehikel der Initiative sich wirklich eignet, um die eigene Wählerschaft zu mobilisieren, um sie für kommenden Wahlen für die eigene Partei und ihre Anliegen in Stimmung zu bringen. Und als Befragung darüber, ob man mit seinen Themen bei der Wählerschaft ankommt, sind Volksabstimmungen doch etwas gar aufwendig und teuer - gerade auch für die Parteien selber... Gut möglich, dass sich das Problem der parteiinitierten Initativflut so von selber löst. Man muss es ihnen vielleicht gar nicht verbieten, wie das bisweilen etwas weltfremd gefordert wird.