Zum Parteienmix in der Zürcher Regierung
Regierungsratswahlen sind als Majorzwahlen zwar im Prinzip und in der Theorie Persönlichkeitswahlen. Der einzige "Unabhängige" in der Zürcher Regierung nach dem zweiten Weltkrieg war allerdings der legendäre Alfred Gilgen in seiner letzten von insgesamt sechs(!) Amtsperioden. Alle anderen segelten unter einer Parteiflagge. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Parteistärke und Regierungsvertretung ist deshalb legitim - zumal sich zeigen lässt, dass die Loyalität der Parteiwähler zu "ihren" Kandidaten hoch ist.
Die nächstens stattfindenden Zürcher Wahlen sind ein willkommener Anlass sich die Sache etwas genauer, das heisst in einer langfristigen Perspektive anzuschauen. Wie hängen die Wählerstärke der Parteien und ihre Regierungsvertretung zusammen? Gibt es Regelhaftigkeiten und wenn ja: sind sie dieselben geblieben oder haben sie sich entwickelt? Und nicht zuletzt - gesetzt der unwahrscheinliche Fall, die Vergangenheit wäre relevant für die Zukunft: was könnte das für den 12. April bedeuten? Mehr dazu in "Wählerstärke und Regierungsvertretung im Kanton Zürich". Der Artikel von Adi Kaelin in der NZZ vom 21.3.2015 bezieht sich darauf und fasst die wesentlichen Erkenntnisse gut zusammen.
Ecopop-Absturz war (auch) mobilisierungsbedingt
Die Ecopop versetzte den schweizerischen Politbetrieb während Monaten in einen hyperaktiven Krampfzustand - und am Ende gebar der Berg, möglicherweise auch deswegen, eine Maus. Nur etwa ein Viertel stimmte der Initiative zu. Der Prognostiker eines derartigen Resultats wäre ausgelacht worden, denn das war weit weniger als irgend jemand erwartet hätte - mich selber eingeschlossen.
Meine Analyse der Zürcher Gemeinderesultate "Von der MEI zum Ecopop-Nein" (Siehe dazu auch den Artikel im Bund/Tagesanzeiger vom 6.12.2014) liefert nun Indizien dafür, dass das spektakuläre Scheitern der Ecopop wahrscheinlich auch selektiver Mobilisierung zuzuschreiben ist. Einerseits blieben potentielle Befürworter aus dem nationalkonservativen Lager der Urne fern, andererseits wurden aber auch Gegner, insbesondere in den liberalen Gebieten am Zürichsee aber auch in der progressiven Stadt Zürich mobilisiert.
Diese Konstellation, die im übrigen durch die Befragungsdaten der VOX-Analyse rundweg bestätigt wird, wirkte sich kumuliert zuungunsten der Ecopop aus. Instruktiv ist dabei der Vergleich mit dem Mobilisierungsmuster der Masseneinwanderungsinitiative. Sie brachte ihre Befürworter an die Urne:
In meiner Erfahrung ist die Mobilisierungskonstellation der Ecopop ziemlich einzigartig. Die Regel ist das Muster der Masseneinwanderungsinitiative: Das normalerweise stimmabstinente nationalkonservative Potenzial, welches in der zweiten Hälfte des Stimmvolkes schlummert, wird geweckt, und verhilft Initiativen der SVP zu Mehrheiten - oder linken zum Schiffbruch. Beispiele sind etwa die Minarettinitiative (2009) für ersteres und die Abschaffung der Wehrpflicht (2013) für letzteres.
preisgünstiges Wohnen im Widerstreit von Ideologie und Eigeninteresse
Neben den klanglos zum Orkus hinabgestiegenen Bundesvorlagen zur eventuellen Cervelat- und Krankenkassenverbilligung, sollte am Septembertermin, um das Nirwana zu komplettieren im Kanton Zürich auch das Wohnen noch billiger werden. Die Resultate dieser Vorlage habe ich genauer untersucht (siehe auch der Artikel in der NZZ dazu vom 4.10.2014). Die Haltungen in dieser Frage stehen in einem vielfältigen ideologischen wie sozialen Spannungsfeld: Bürgerlich gegen links, urbane Mieter gegen ländliche Eigentümer, ganz ein bisschen sogar arm gegen reich. Insgesamt gleichen sich die widerstrebenden Kräfte aus. Die Resultante befindet sich dann etwa in der Mitte - leicht darüber wie diesmal, geringfügig darunter, wie etliche Male in der Vergangenheit.
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