Die schweizerische Parteienlandschaft im vergangenen halben Jahrhundert: ein Überblick
Für einen vorweihnächtlichen, eine gute Stunde dauernden Gastvortrag an der Pädagogischen Hochschule Zürich (Im Modul Staatsrecht von Silvano Sarno - besten Dank für die Einladung!) habe ich versucht, wesentliche Elemente der Entwicklung der schweizerischen Parteienlandschaft herauszuschälen. Der Fokus lag dabei auf den langfristigen tektonischen Entwicklungen des letzten halben Jahrhunderts seit der Einführung des Frauenstimmrechts und nicht auf den Aktualität der letzten Wahl und ihren Resultaten.
So interessant die historischen Details auch sind - die Herausforderung bestand darin, die Fülle des Materials zu bändigen. In diesem ersten Versuch eines tour d'horizon habe ich mich deshalb einerseits auf die heute noch relevanten Parteien beschränkt und andererseits räumlich grosszügig aggregiert: Ich schaue mir die Entwicklungen dies- und jenseits des Röstigrabens, in Stadt, Agglo und Land sowie den Konfessionsgebieten an - drei Dimensionen die mir wesentlich fürs Verständnis der Entwicklungen und auch wichtiger Grundkonstanten der schweizerischen Parteienlandschaft zu sein scheinen. Die Präsentation - kann durch mouseover angeworfen werden! - gibt einen Eindruck. Es versteht sich von selbst, dass das Thema damit noch nicht erschöpft ist! Wie gesagt handelt es sich dabei um einen ersten Wurf, den ich selbstverständlich auch gerne persönlich zur Debatte stelle - melden kann man sich hier.
Zur Berechnung der eidgenössischen Parteistärken: ein Nachschlag
Die nationalen Parteistärken waren ja das heisse Thema der ersten Stunden und Tage der heurigen Ausgabe der Nationalratswahlen: Am Sonntagabend, weil sich deren Rangfolge gemäss den publizierten Zahlen nachgerade historisch zu verschieben schien, am Mittwoch, weil das Bundesamt für Statistik einen Berechnungsfehler eingestehen musste, der die Narrative (Rechtsruck, Mitte überholt erstmals FDP) zur Makulatur machte. Die Reaktionen darauf waren heftig und reichten von Mitleid mit den Verantwortlichen über ungläubiges Staunen bis zu blankem Hohn. Hier geht es nun nicht darum, diesem «Debakel» und seinen Ursachen auf den Grund zu gehen (siehe dazu z.B. den NZZ-Artikel von Simon Huwiler). Vielmehr sollen einige grundsätzliche Überlegungen zu diesen Kennwerten angestellt werden.
Die Zürcher Regierungsratswahlen 2023: Was kann man daraus lernen?
Das Resultat der Regierungsratswahlen entsprach einerseits dem courant normal: Wie fast immer wurden alle Bisherigen wiedergewählt. Speziell war allerdings andererseits, dass das auch bedeutete, dass die neue Regierung die alte war (das traf nämlich 1955 letztmals zu) und dass der parteilose Mario Fehr nicht nur wiedergewählt wurde, sondern sogar das klare Spitzenresultat erzielte.
Denn das ist, zumindest in der jüngeren Geschichte, ziemlich einmalig: Zwar wurde auch der legendäre Alfred Gilgen 1991 wiedergewählt, nachdem ihn der Landesring nach zwanzig turbulenten und kontroversen Jahren in der Zürcher Regierung nicht mehr zu Wahl vorschlug. Doch gelang ihm dies nur mit einer Haaresbreite Vorsprung vor seinem nächsten Konkurrenten - einem gewissen Ueli Maurer, der es fast zwanzig Jahre später sogar noch an die Spitze des greasy pole der Schweizer Politik, nach Bern in den Bundesrat schaffte.
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