von den kandidaturen zu den Parteien zu den Wählern

Der getwitterte Smartspider ist heute fast so etwas wie der Zutrittsbadge zur politischen Arena: Er beruht auf der Beantwortung des umfangreichen smartvote-Fragebogens, den auszufüllen zu den fraglosen Pflichten eines jeden eidgenössischen Politikers auf allen föderalen Stufen gehört. Diese 75-dimensionalen Datenpunkte können - natürlich nicht ganz verlustfrei - auf zwei reduziert werden, und liefern so eine eingängige Verortung des politischen Personal in der "smartmap", also einer "Karte".

Bislang wurde diese Verortung der Kandidaturen gerne benutzt um mittelbar die ideologische Positionierung der Parteien zu charakterisieren, oft auf der Grundlage der Proporzwahllisten, die sie einreichen. Der magische Akt des Einwurfs in den Briefkasten wandelt die Liste aber zum Wahlzettel, und damit zur politischen Willensbekundung. Im einfachsten Fall, unverändert eingelegt, signalisiert er dessen Einverständnis mit der Kandidaturenselektion der Parteieliten. Soweit, so trivial: Interessant wird es aber, wenn der Wahlzettel durch Streichen, Kumulieren oder sogar Panaschieren verändert wird.

Genau hier setzt meine neue - und meines Wissens auch neuartige - Publikation "Politische Profile veränderter Wahlzettel" an: Sie kombiniert die Wahlzetteleinzeldaten, die im Kanton Zürich beim Abtippen der veränderten Zettel durch die Heerscharen in den kommunalen Wahlbüros bei der Resultatermittlung entstehen, mit den smartmap-Koordinaten der Kandidaturen die darauf stehen -  und charakterisiert so nicht die Parteilisten und Parteien, sondern die Wählerindividuen. Oder, wie man vermuten darf, zumindest jene, die politisch besonders interessiert sind, und deshalb die nicht geringe Mühsal der handschriftlichen Modifikation des Zettels auf sich nehmen.

In meiner Analyse ging es fürs Erste vor allem darum, zu explorieren, ob diese Kombination von Panaschierdaten, die ich bereits verschiedentlich unter die Lupe genommen habe (z.B. Wahlzetteleinzeldaten 2015 & aggregierte Panaschierdaten1999-2019), und smartmap-Verortungen einen Mehrwert hat und auch darum geeignete Metriken zu entwickeln. Im Prinzip besteht der Vorteil der smartmap-Koordinaten darin, dass sie die Kandidaturen auf einem intervallskalierten Messniveau im einem ideologischen Raum verorten, und damit differenzierter und unabhängig von der nominalen Kategorie der Parteizugehörigkeit. Damit lassen sie sich auch aggregieren, wodurch auch Gruppen, wie etwa die Parteien charakterisieren lassen - oder eben Wahlzettel.

Ich denke, für die praktische Politik ist vor allem der positionale Aspekt, d.h. die Frage danach, wo sich die  Wählerschaften verorten, von Interesse. Es lässt sich beispielsweise zeigen, dass sich die Wählerschaften der Parteien im politischen Raum unterschiedlich verteilen. Potenzial scheint mir auch der räumliche Aspekt zu haben - es zeigt sich etwa, dass die Wählerschaften fast aller Parteien in den urbanen Zentren (Zürich und Winterthur) deutlich "linker" sind als im Umland und umgekehrt - das Milieu scheint also abzufärben. Damit scheinen mir aber die Fragestellungen noch nicht erschöpft!