Ertrinkt die Partizipation in der Vorlagenschwemme?
Bei derart vielen Vorlagen, wie sie am 17. Juni im Kanton Zürich zur Abstimmung kamen, war es schwer, den Überblick zu behalten. Ich habe deshalb in meiner Analyse für einmal kapituliert und stattdessen die Frage zu beantworten versucht, ob die Fülle auch das Stimmvolk entmutigt, d.h. ob sich ein genereller Zusammenhang nachweisen lässt zwischen Beteiligung und Quantität. Vielleicht etwas überraschend ist das, zumindest in den vergangenen zehn Jahren kaum der Fall. Zum Lachen gebracht hat mich das Heer der "Statistiker", die sich gemäss der sda-Meldung (NZZ online vom 25.6.2012) zur Publikation geschäftig über das Problem gebeugt haben sollen. Erfreulich kompetent dagegen der Text in der Printausgabe tags darauf (NZZ 26.6.2012). Siehe auch den Tages-Anzeiger vom 26.6.
Vom Zürcher Bürgerrechtsgesetz und den Grenzen der Erkenntnis
Meine Analyse der Zürcher Resultate der Abstimmungen vom 11.3. 2012 bewegt sich zwar zu einem guten Teil auf einer Meta-Ebene: Sie befasst sich also mit der Frage, was kann man überhaupt wissen, aufgrund der aktuellen Resultate und dem bereits Bekannten? Wo lässt sich Mehrwert bieten? Die Antwort darauf ist natürlich wie meist - das eine oder andere ziemlich sicher, anderes hingegen kaum. Die meisten Fragen bleiben offen. Man muss es vielleicht wieder einmal betonen: You get what you pay for. Aggregatsdatenanalysen sind billig. Sie brauchen bloss ein bisschen Grips und eine bescheidene Infrastruktur - aber ihre Reichweite ist natürlich begrenzt.
Immerhin: Beim Bürgerrechtsgesetz scheint mir der Vergleich mit der Ausschaffungsinitiative instruktiv. Auch wenn es in den teils triumphierenden Kommentaren oft vergessen ging: Auch diesmal, wie vor anderhalb Jahren hat die SVP für ihren verschärfenden Gegenvorschlag erheblich über ihr Potential hinaus und beinahe flächendeckend Stimmen geholt. Dass sich der Solo-Coup von damals nicht wiederholen liess, hat wahrscheinlich vor allem mit der viel geringeren Mobilisierung zu tun. Hier die SDA-Meldung dazu auf NZZ-Online oder im Limmattaler, aber auch im Landboten mit je unterschiedlicher Betitel- und Bebilderung. Und schliesslich auch noch den NZZ-Artikel vom 17.3.
Zürcher Ständeratswahlen zum Ersten...
Wie sich die Zürcher Parteiwählerschaften in den Ständeratswahlen vom 23.10. entschieden haben? meine aktuelle Analyse "Partei oder Persönlichkeit?" zeigt, wie es damit wahrscheinlich verhielt (siehe auch die Artikel in der NZZ und im Tages-Anzeiger vom 29.10, im Limmattaler vom 25.11. und den Kommentar von Claude Longchamp auf zoonpoliticon, wie stets mit interessanten Zusatzüberlegungen; meine Präsentation in seinem Berner Forschungsseminar fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Vor- und Nachanalyse zusammen). Die Speisekarte war jedenfalls reichhaltig genug; es reicht deshalb noch für Aufgewärmtes bis weit in den November hinein. Die SVP-Wähler hielten Diät: Bloss Blocher und sonst (fast) niemanden. Gutzwiller, natürlich für seine eigenen Parteigänger und bis weit in die Mitte ein gefundenes Fressen, war für die SVP-Wähler nur sehr mässig palatabel. Doch wenn viele mit mässigem Eifer speisen, kommt doch was weg - freilich eben nicht ganz genug. Bei Verena Diener langten alle (ausser natürlich der SVP) herzhaft zu. Da bleibt nicht mehr viel übrig. Nicht zuletzt auch weil man im Linkslager offenbar der Meinung war, dass man lieber dort mitisst, wo am Ende möglicherweise keine Resten mehr im Topf sein würden.
Nein im Ernst: das historische Novum eines zweiten Wahlgangs für beide bisherigen Zürcher Ständeräte ist, auch wenn es mit einiger Wahrscheinlichkeit dann trotzdem am Ende bei Diener und Gutzwiller bleibt, symptomatisch für die das politsche Klima hierzulande. Und deshalb interessant. Auch vier Jahre später noch: die NZZ zitiert die Analyse am 1.9.2015 noch einmal ausgiebig: "Bei Ständeratswahlen kommt es oft zu Überraschungen".
Bloss ein Viertel derer...
... die an sich dürften, gingen am 4.9.2011 im Kanton Zürich zur Urne. Das ist zwar nicht eben viel, fällt allerdings nicht völlig aus dem Rahmen, wie meine Analyse der Resultate nachweist. Die zum Teil etwas verrätselten Vorlagen scheinen diese Selektion von unbeirrbaren Stachanowiten unter den Urnengängern allerdings keine Probleme gemacht zu haben, wie das Resultat der Abstimmung zum Bau eines Polizei- und Justizzentrums, einem der ewig untoten fliegenden Holländer des Zürcher Politgeschehens deutlich macht (öfters als darüber wurde wohl nur über die Selbstdispensation der Ärzte befunden). Die SDA-Meldung im Tages-Anzeiger (8.9.2011) greift das auf, ebenso wie die Artikel im Tagesanzeiger, in der NZZ und im Landboten vom 9.9.2011. Vielleicht am interessantesten: Der Kampagneneffekt bei der Vorlage über die Abschaffung der Kantonsbeiträge an kommunale hauswirtschaftliche Fortbildung. Im Zürcher Oberland scheinen die Gegner gut und wirksam organisiert zu sein! Vielleicht nicht von ungefähr: In den Flarzhäusern des Oberlands hatte die Hausarbeit seit jeher eine grosse Bedeutung....
Vom Wandel der Loyalitäten im Zürcher Parteiensystem
Retrenchment an den Polen zur Linken (SP und Grüne) und zur Rechten (SVP) - Realignement in der Mitte. Konfessionell (CVP, EVP) oder klassenmässig-soziodemographisch (FDP) verankerte Traditionsparteien verlieren, der neue Typus der Sammelpartei (glp, BDP) gewinnt. Das sind die wesentlichen Schlussfolgerungen, die sich aus meiner Analyse des Panaschierverhaltens in den Zürcher Kantonsratswahlen 2011 ziehen lassen. Dass die Wähler durchaus wahrnehmen, was die Vertreter einer Partei im Parlament treiben - oder zumindest was die Medien davon berichten, zeigt sich im Panaschierverhalten: die glp-Listenwähler, d.h. ihre Stammwähler sind etwas nach rechts gerutscht, und die Stammwähler der Parteien rechts der Mitte finden sie doch einiges attraktiver. NZZ und Tages-Anzeiger berichten am 12.5.2011.
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